Die Deckenfabrik in Calw

im September 2020

Das Kesselhaus


Im Zugriff der Natur


Nach einigen Wochen des Wartens war es soweit: morgens um 9:00h bekamen wir die Schlüssel zum Kesselhaus der Deckenfabrik und damit zum exklusiven Zugang, um einen Tag nach Herzenslust zu fotografieren – mit Open End. Herausgekommen sind wir ziemlich müde gegen 17:00h – mit einer kurzen Unterbrechung für einen Yufka vom Imbissstand zum Mittag. Dazwischen die ganze Zeit konzentriertes “arbeiten” mit der Kamera. Das war anstrengender als erwartet.

 

Zur Geschichte der Deckenfabrik:

 

Die Deckenfabrik war ein altes Traditionsunternehmen in Calw, dessen Ursprung auf die Calwer Zeughandelscompagnie zurück geht, die im Jahre 1650 gegründet wurde. Nach wechselvoller Geschichte und zwischenzeitlicher Umwandlung in eine erfolgreiche Aktiengesellschaft im Jahr 1905 kommt es im Jahr 1997 zur Insolvenz und zum Konkurs. Zuletzt firmierte sie unter dem Namen "Calwer Decken- und Tuchfabriken AG".

Im Jahr 2000 wurde der südliche Teil abgerissen und darauf ein Einkaufszentrum errichtet. Doch das alte Kesselhaus – und eine Reihe angrenzender Gebäude – blieb zum Glück für uns erhalten, sodaß wir voller Erwartung unser neues Projekt in Angriff nehmen konnten.

 

Unsere "Werkzeugkiste" und was alles sonst mit mußte:

Kameras: Canon EOS R und

Canon EOS 6D.

Objektive: EF 70-200MM F/4L IS USM

EF 16-35MM F/4L IS USM

EF 24-105MM F/4L IS USM

EF 50MM F/1.8 STM

Stative: Manfrotto 055 Carbon

Manfrotto 190 XPROB

Dazu Zwischenringe verschiedener Stärke, Ladegeräte für die Kamera-Akkus (Ja, die brauchten wir. Wir hatten zwar Reserve-Akkus mit, aber mit dem letzten Akku in der Kamera arbeitet es sich nicht mehr entspannt.), eine Canon- sowie Ayex-AX3-Fernbedienung, einen 500W Baustrahler, Kabeltrommel, Kirschkernkissen zur Lagerung und Fixierung der Kamera, verschiedene Kissen und Decken zur bequemeren Arbeit mit der Kamera. Weiterhin etwas zu essen und trinken, denn der Tag war komplett eingeplant zum Fotografieren.

 


Bei dem nebenstehenden Bild habe ich am Anfang der Belichtungphase länger belichtet, um dann den Rest der Belichtungszeit kontinuierlich heraus zu zoomen. Das Licht kommt hier von vorne. Im Hintergrund steht ein hoher, roter Kessel, der die Bildfarbe im Wesentlichen bestimmt. Ich fühle mich dadurch stark ins Bild hineingezogen.

 

Einen ganz anderen Effekt habe ich bei diesem nebenstehenden Bild erzielt: das Licht kommt hier von der Seite. Diesmal habe ich den Anfang und das Ende der Belichtungsphase deutlich länger belichtet. Dadurch tritt eine Art Doppelbelichtung auf mit dem gleichen Motiv in unterschiedlicher Größenordnung.

Eine ganze Reihe von Bildern hat es nicht in die Auswahl geschafft, die aber vielleicht dokumentarischen Charakter haben.


Überlegungen zu den Grundeinstellungen

 

Wie vorauszusehen waren die Lichtverhältnisse eingeschränkt, sodaß ich alle Fotos ausschließlich mit Stativ gemacht habe. Das hatte den Vorteil, dass ich die ISO-Empfindlichkeit bei ISO 100 belassen konnte und sich damit das Rauschverhalten nicht verschlechterte. Klar kamen auf diese Weise Belichtungszeiten im Sekundenbereich zustande, aber das war nicht von Bedeutung wegen des Stativs und weil es keine bewegten Motive gab, für die die Belichtungszeit kurz gehalten werden mußte.

 

Desweiteren habe ich ausschließlich ohne Autofokus gearbeit und nur manuell fokussiert. Zusammen mit dem LiveView-Modus konnte ich beim gewünschten Motiv durch heranzoommen sehr genau den Schärfepunkt einstellen. Zur weiteren Reduzierung von Verwacklungsunschärfen habe ich die Kamera mit Fernbedienung ausgelöst. Die Speigelverriegelung hätte ich noch einstellen können, aber darauf habe ich verzichtet.

 

Einige Bilder habe ich mit dem Zoomobjektiv “verzogen”, sodass Strahlen- und Mehrfachbelichtungs-Effekte ins Bild kamen. Dafür habe ich die Belichtungszeit auf 5 – 6 sec erhöht, damit zwischen Anfang und Ende der Belichtung Zeit bleibt, die Brennweite des Objektives zu verstellen. So hohe Belichtungszeiten erreicht man gerne mit Graufilter, was hier aber nicht nötig war. Die ISO Einstellung und eine etwas weiter geschlossene Blende reichten aus, die Zeit entsprechend zu erhöhen. Dabei habe ich verschiedene Methoden des Zoomens ausprobiert. Man erzielt verschiedene Effekte durch Heran- bzw Herauszoomen, oder durch kontinuierliches oder diskontinuierliches Zoomen mit verschiedenen Phasen der Ruhestellung dazwischen.

 

Zwei Fotografen - zwei unterschiedliche Herangehensweisen ;-)

 

Ich bin die Ungeduldigere, warum ich das Stativ oft auch nur mitnehme ohne es zu benutzen. Das war hier anders. Aufgrund der Lichtverhältnisse war es unerlässlich. Die Versuche es dann doch auch mal ohne zu versuchen, waren leider entsprechend verwackelt oder durch die hohe ISO Zahl zu verrauscht.

 

Erstmals eingesetzt habe ich das HDR Programm meiner Canon. Da der Dynamikumfang im Innenraum maximal war, bot es sich an. Die Ergebnisse waren nicht schlecht. Ganz bewusst habe ich alle Parameter auf "natürlich" gesetzt um nicht den typischen HDR Look zu erzeugen. Lediglich einen starken Blaustich musste ich anschliessend noch entfernen.

 

Das schwierigste Thema aber war, diesen Raum zu erfassen. Das Licht fiel sehr unterschiedlich durch die hohen Fenster. Es boten sich immer wieder überraschende Szenerien durch Licht und Schatten an, durch warme und kalte Farben. Neben dem Licht fand ich es herausfordernd, irgendwie die DECKENfabrik darzustellen und nicht nur irgendeine Fabrik. So ist das Bild mit der übergeworfenen Decke eins meiner Lieblingsbilder. Hier ist dieser Bezug da. Faszinierend fand ich darüber hinaus das Zusammenspiel von Natur und Technik. Die Natur erobert den Raum im wahrsten Sinne zurück. So mag ich besonders die Bilder, bei denen das Grün sich mächtig gegen die Glasscheiben drückt bzw sich einzelne Zweige den Weg nach innen schon erobert haben. Hier ein paar Beispiele: